Arbeit mit Faszien, unsere Faszien ( Bindegewebe, Sehnen, Bänder )


Das Fasziengewebe ist ein netzartiges, überaus komplexes Gewebe-System, das alle Teile des Körpers zusammenhält, sie am richtigen Platz fixiert und alles mit einander verbindet. So werden Muskeln, Sehnen, Knochen, Gefäße und Nerven erst durch das Fasziengewebe zu einem zusammenhängenden Organismus. Doch gehen die Aufgaben des Fasziengewebes im Körper weit über die reine Formgebung und Binde-Funktion hinaus.

Das Fasziengewebe – Wasserspeicher und Teil des Immunsystems

Das Fasziengewebe dient beispielsweise aufgrund seiner hohen Wasserbindefähigkeit als wichtiger körpereigener Wasserspeicher. Und auch an der Abwehrfunktion des Körpers ist das Fasziengewebe maßgeblich beteiligt. Einerseits bildet es eine bedeutende Barriere, die Fremdkörpern das Eindringen erheblich erschwert  Andererseits befinden sich sogenannte Fresszellen im Fasziengewebe, die Mikroorganismen und Gewebetrümmer enzymatisch auflösen können.

Das Fasziengewebe – Die Verschiebeschicht

Das Fasziengewebe sorgt ferner dafür, dass alle unsere Organe und Körperteile immer an ihrem vorbestimmten Platz bleiben. Wäre das nicht der Fall, würden sie bei jeder Bewegung durch den Körper purzeln. Trotz dieser ordnenden Eigenschaft ermöglicht das Fasziengewebe den Organen, ihre festgelegte Position bei Bedarf zu verschieben. Das ist die elementare Voraussetzung dafür, dass beispielsweise das Atmen, die Verdauung oder auch eine Schwangerschaft überhaupt möglich sind. So ermöglicht das Fasziengewebe beim Einatmen, dass sich die Lungen ausdehnen und die Organe im Bauchraum nach unten verschoben werden können, ohne dass eines dieser Organe das andere in seiner Funktion beeinträchtigen würde.

In der Schwangerschaft werden nahezu sämtliche Organe zur Seite geschoben, damit das Baby ausreichend Platz hat. Und auch hier leiden die Organe nicht übermäßig, da sie vom Fasziengewebe so geschützt werden, dass sich die Organe nicht gegenseitig quetschen und sie auch nicht direkt aneinander reiben. Doch sind nicht nur die einzelnen Organe von Fasziengewebe umgeben, sondern auch jeder einzelne Muskel.

Die Faszien

Der Begriff "Faszien" entstammt dem Lateinischen und bedeutet so viel wie "Band" oder "Bündel", was auf die Struktur der Faszien hinweist. Faszien sind ein bandförmiges, sehr reißfestes kollagenreiches Gewebe, das oft nur einen einzigen Millimeter dick ist. Es besteht u. a. aus Kollagenfasern, Wasser und verschiedenen Klebstoffen. Diese Kombination sorgt für Elastizität und Gleitfähigkeit. Somit können Organe leicht verschoben und Muskeln können geschmeidig bewegt werden.
Faszien werden in drei Gruppen eingeteilt - in oberflächliche Faszien, tiefe Faszien und viszerale Faszien.
Oberflächliche Faszien
Die oberflächlichen Faszien liegen im Unterhautgewebe und bestehen insbesondere aus lockerem Fasziengewebe und auch aus Fettgewebe. Sie verbinden sämtliche Organe und Gewebe miteinander, speichern Fett und Wasser, dienen als Puffer und ermöglichen die Verschiebbarkeit der Organe.

Tiefe Faszien

Die tiefen Faszien sind jene Faszien, die am meisten Fasern besitzen und jeden einzelnen Muskel, sämtliche Knochen und Gelenke Umschließen. Innerhalb des Muskels trennen sie zudem die einzelnen Muskelfasern voneinander, so dass diese nicht aneinander reiben können. Zu den tiefen Faszien gehören auch die Sehnenplatten, Bänder, Sehnen und Gelenkkapseln. Darüber hinaus sind die tiefen Faszien mit zahlreichen sensorischen Rezeptoren ausgestattet. Diese reagieren auf mechanische und chemische Reize ebenso wie auf Temperaturschwankungen. Aus diesem Grund wird das Fasziengewebe häufig auch als Sinnesorgan bezeichnet. Neben den sensorischen Rezeptoren befinden sich in diesem Fasziengewebe auch alle peripheren Nervenenden, also jene Nerven, die außerhalb des Gehirns und Rückenmarks liegt.
Daher weisen diese Faszien eine große Anzahl potentieller Schmerzrezeptoren auf, die unmittelbar sowohl auf Verletzungen der Faszien selbst als auch auf die der Nerven reagieren.

Viszerale Faszien

Viszerale Faszien sind für die Aufhängung und Einbettung der inneren Organe sowie des Gehirns verantwortlich. Jedes einzelne dieser Organe ist zum Schutz mit einer doppelten Faszienschicht ausgestattet. Zu den viszeralen Faszien gehören zum Beispiel die Hirnhaut des Gehirns, der Herzbeutel des Herzens, das Brustfell der Lunge sowie das Bauchfell.
Nun kann es jedoch geschehen, dass die Faszien verkleben, was ihre Verschiebbarkeit und Gleitfähigkeit und somit das Wohlbefinden massiv beeinträchtigt.


Wenn das Fasziengewebe verklebt
Neben den Blutgefäßen führen auch die Lymphgefäße durch das Fasziengewebe. Mit der Lymphflüssigkeit werden Nährstoffe zu den Zellen hin und Stoffwechselabfallstoffe sowie Schadstoffe von den Zellen weg transportiert. Der Lymphfluss wird ausschließlich durch Muskelbewegung in Gang gehalten, daher ist das Lymphsystem auf eine ausreichende Aktivität der Muskeln angewiesen. Besteht nun beispielsweise eine länger anhaltende Muskelverspannung, z. B. im Nacken-, Schulter- oder Rückenbereich, so kann aufgrund der fehlenden Muskelbewegung der Lymphfluss dort merklich beeinträchtigt werden. Da die Lymphe u. a. auch den Blutgerinnungsfaktor Fibrinogen transportiert, kann es jetzt problematisch werden: Das Fibrinogen liegt normalerweise in der Lymphe gelöst vor. Bei einem Lymphstau jedoch reichert sich das Fibrinogen im Gewebe an und wird dort nun unter Einwirkungen anderer Substanzen zu Fibrin abgebaut.
Fibrin aber ist ein körpereigener "Klebstoff", dessen Aufgabe normalerweise das Verschließen von Wunden ist. Da keine Wunde vorhanden ist, verklebt das Fibrin nun stattdessen das umliegende Fasziengewebe.
Ursache undefinierbarer Schmerzen: Verklebte Faszien
Die verklebten Faszien führen nun zu zwei unterschiedlichen Problematiken: Einerseits wird durch den Verlust ihrer Zugkraft und Flexibilität die Bewegungsfähigkeit der betroffenen Muskelfasern deutlich eingeschränkt. Andererseits können die Nerven, die durch diesen Gewebebereich führen, gequetscht werden, was zu empfindlichen Schmerzen führen kann. Dabei handelt es sich um Schmerzen, deren Ursache auf einem Röntgenbild nicht auszumachen ist, so dass bei undefinierbaren Schmerzen immer auch an die Faszien zu denken ist. Bei Rückenschmerzen soll es gar so sein, dass nur in 20 Prozent der Fälle die Bandscheiben verantwortlich sind, so Faszienforscher Dr. Robert Schleip, Humanbiologe und Leiter des Fascia Research Project der Universität Ulm.

Wenn das Fasziengewebe verhärtet

Ältere Menschen weisen im Vergleich zu jüngeren generell einen wesentlich niedrigeren Flüssigkeitsanteil im Körper auf. Unter diesem Flüssigkeitsverlust leidet natürlich auch das Fasziengewebe. Das vormals ausgeglichene Verhältnis zwischen faserigen und wässrigen Anteilen verschiebt sich. So bestehen die Faszien älterer Menschen häufig aus überwiegend festen, unflexiblen Kollagenfasern. Mit der Veränderung der Flüssigkeitsanteile verändert sich auch die räumliche Struktur der Faszien. Statt der normalerweise rautenförmigen Anordnung, sehen die Fasern jetzt wie ein verknoteter Wollknäuel aus. Die Faszien wachsen ineinander, verfilzen und beginnen an allen Ecken und Enden miteinander zu verkleben. Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass die Bewegungsmöglichkeit der Muskeln zunehmend eingeschränkt wird. Verhärtet sich das Fasziengewebe schließlich, wird das Beugen oder Strecken der Gelenke immer schmerzhafter.
Feinde der Faszien: Bewegungsmangel und Stress

Für die Erhaltung ihrer stabilen und gleichzeitig geschmeidigen Struktur sind die Faszien auf adäquate Bewegung angewiesen. Ein Mangel an Bewegung führt dazu, dass sich das Fasziengewebe pathologisch verändert. Es verfilz, verklebt und verhärtet.

Insbesondere Menschen, die einer ausschließlich sitzenden Tätigkeit nachgehen, werden die Veränderung des Gewebes mit der Zeit in Form von Nacken-, Schulter- oder Rückenschmerzen zu spüren bekommen.
Diese Schonhaltung, die jeder Betroffene aufgrund der Schmerzen unbewusst einnimmt, verschlimmert die Situation noch weiter, denn jetzt verursacht die veränderte Haltung an anderer Stelle zusätzlich eine Überbelastung des Fasziengewebes, die sich dann ebenfalls schmerzhaft äußert.

Ebenso wie ein Mangel an Bewegung wirkt sich auch anhaltender Stress negativ auf die Spannung der Faszien aus, was Dr. Schleip in seinen Studien belegen konnte.
In Stresssituationen setzt der Körper spezielle Hormone frei, die ihm eine Anpassung an die veränderte Situation ermöglichen. Diese Hormone führen dazu, dass sich die Faszien anspannen, und zwar ohne dass die Muskeln in diesen Prozess involviert sind. Sobald der Stress vorüber ist, entspannen sich auch die Faszien wieder. Ist der Stress jedoch nicht nur von kurzer Dauer sondern anhaltend (chronischer Stress), bleiben die Faszien permanent in Spannung. Dadurch verlieren sie ebenso wie ein dauerhaft gespanntes Gummiband ihre Flexibilität und verhärten schließlich. Daher können langanhaltende Stresssituationen die Beweglichkeit der betroffenen Personen stark beeinträchtigen.

Hinzu kommt, dass eine Verfilzung, Verklebung oder Verhärtung des Fasziengewebes immer auch Auswirkungen auf die in diesem Gewebebereich verlaufenden Nervenenden hat. Sie können regelrecht zusammengequetscht werden und daraufhin umgehend mit Schmerzen reagieren.
Dies zeigt deutlich, dass Schmerzen nicht ausschließlich durch Verletzungen des Gewebes hervorgerufen werden. Und da in der heutigen Zeit anhaltender Stress, vor allem in beruflicher Hinsicht, schon beinahe zu einem "normalen" Zustand geworden ist, wundert es nicht, dass unzählige Menschen über chronische Gelenk-, Nacken-, Schulter oder Rückenschmerzen klagen.

Eine veränderte Faszienspannung wandert durch den Körper

All dies zeigt eindrücklich, dass der gesamte Organismus über das Fasziengewebe zusammengehalten wird. Alles ist mit allem verbunden und daher kann eine veränderte Faszienspannung immer auch Auswirkungen auf die Spannung der Faszien anderer Körperbereiche haben. Verhärtet sich beispielsweise das Fasziengewebe der Leber durch eine Entzündung des Organs (Hepatitis), so verändert sich auch die Spannung der Faszien im Bereich der rechten Niere. Und letztlich ist auch noch die rechte Schulter davon betroffen.
Das ganze Schultergelenk sinkt dann etwas nach unten, in Richtung Leber. Dadurch entsteht eine zusätzliche Spannung auf dem Schultergelenk, die schließlich die Beweglichkeit des rechten Armes stark beeinträchtigen kann. Somit wären auch das Schulter- sowie das Armproblem immer ein Fall für den Faszienspezialisten.

Der Faszien-Spezialist

Wenn Sie unter Schmerzen leiden, deren Ursache nicht gefunden werden kann, lohnt es sich immer, einen Faszienspezialisten zu kontaktieren.
Es gibt mittlerweile weltweit zahlreiche Therapeuten und Praktiker, die eine gezielte Faszienbearbeitung anbieten. Ganz beeindruckende Erfolge konnten in diesem Zusammenhang Rolfing, Rebalancing oder die Osteopathie  vorweisen. Die manuelle Behandlung, die selbst tiefe Gewebeschichten erreicht, steht im Mittelpunkt einer jeden Faszientherapie. Die einfühlsamen Hände des Therapeuten können Verklebungen oder Verhärtungen des Fasziengewebes aufspüren und diese auflösen. Versierte Therapeuten sind in der Lage, den ursprünglichen Zustand des Fasziengewebes weitgehend wieder herzustellen. -

Danke dem "Zentrum für Gesundheit "

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